D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de

 

 

 

Neue Regeln für Abgeordnetenbezüge

 

Täglich werden in allen Parteien neue Fälle von Doppelverdienern bekannt - Müntefering sieht "Klärungsbedarf"

 

Prima, Herr Müntefering.

 

Angesichts der anhaltenden Debatten über Nebeneinkünfte wollen SPD und Grüne die Regeln für Bundestagsabgeordnete präzisieren. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sprach am Freitag von "Klärungsbedarf" und kündigte Gespräche in der SPD und mit den anderen Fraktionen an. Er hoffe auf einen parteiübergreifenden Verfahrensvorschlag schon Mitte Januar. Auch Grünen-Chefin Claudia Roth plädierte für mehr Transparenz und eine Neufassung der Regeln.

 

SPD-Chef Müntefering sprach sich eindeutig gegen ein Verbot von Nebentätigkeiten aus. Die Forderung nach einem "quasi interessenfreien politischen Handeln" von Abgeordneten gehe "am Grundgesetz und an der Lebenswirklichkeit vorbei". Allerdings dürften Abgeordnete auch nicht "speziell bezahlte Lobby" sein.

 

Das Liberale Tagebuch: Die 61 Mio wollen: Abgeordnete zu 100% („24/7“) Parlamentarier, bei selbstverständlich „hoher“ Bezahlung aus Steueraufkommen. Daraus kann jeder sehr einfach seine Schlüsse ziehen. Im Übrigen siehe im Liberalen Tagebuch unter Liberal täglich, Beitrag am 8. Januar 2005.

 

Die jetzt öffentlich diskutierten Fälle seien sehr unterschiedlich zu gewichten, meinte Müntefering. Doch gelte: "Die Fragen nach Nebentätigkeiten und -beschäftigungen und deren Intensität sowie nach Interessenvertretung dürfen Abgeordneten mit Recht gestellt werden und müssen von uns glaubwürdig beantwortet werden." Die SPD-Fraktion werde ihren "Teil beitragen, eventuell berechtigte Zweifel auszuräumen und Regeln zu korrigieren, aber auch unberechtigten Zweifeln und Erwartungen klar zu widersprechen". Die Grünen-Vorsitzende Roth sagte: "Wir haben allergrößtes Interesse daran, vernünftige Regeln zu definieren." Nicht nur die Nebentätigkeit als solche müsse angegeben werden, sondern auch, wie sie entlohnt werde.

 

Jedermann gönnt Müntefering das Recht auf Illusion(en). Aber gegen Politikverdrossenheit und gegen das verbreitete Gefühl des Misstrauens, können die Parlamentarier, Anfang Januar 2005, nichts mehr machen. Der Zug ist abgefahren. Das Beste ist, sie schweigen. Der Souverän wird sich seine Meinung bilden müssen, den formalen Text sollte der Bundespräsident erstellen (lassen); und danach haben die Abgeordneten den nötigen Rückenwind für den sachgerechten Beschluss (Verfassungsänderung für die Frage Parlamentarier-Lohn, lieber nicht – gemessen an den prächtigen Resultaten der Föderalismuskommission im Dezember 2004).

 

Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sagte, er persönlich habe gegen Nebentätigkeiten nichts. Standes- und sittenwidrig sei es jedoch, wenn Gehälter ohne Gegenleistung bezogen würden. Die FDP-Abgeordnete Gudrun Kopp stellte sich auf den Standpunkt, Abgeordnete, die Verträge mit Unternehmen hätten, seien nicht mehr unabhängig. Nur unbezahlte Tätigkeiten seien in Ordnung. "Vor allem Großkonzerne leisten sich klassische Lobbyisten", erklärte sie.

 

Satz 1. Wie will Wiefelspütz Missbrauch hinreichend ausschließen? So könnte, herzbrechend, im Dienstvertrag des Abgeordneten etwa geschrieben stehen: „… und übernimmt der Abgeordnete die wöchentliche Reinigung der xyz-Toilette, denn nach übereinstimmender Meinung der hohen vertragschließenden Parteien, ist der Abgeordnete durchaus verpflichtet, Lebenswirklichkeit bei seiner hoheitlichen Tätigkeit (Gewaltmonopol) nicht auszublenden … “  Das Folgende als Kalauer vorgetragen, dennoch ganz genau und hintersinnig lesen: Wenn nun der hohe Vorstand das stille Örtchen besucht, der Dienstverpflichtete „total zufällig“ anwesend ist, könnte, da nicht zu verbieten, der Toilettenmensch mit den guten Beziehungen „nach oben“ doch in Versuchung geraten, einen millionenwerten Tipp, gar exklusiv, an den Mann/Frau bringen? Selbstverständlich ist objektiv (Frage der Physik) nachprüfbar, ob der Abgeordnete seinen Dienstvertrag bei Fa./Verband xyz „korrekt“ erfüllt hat. Wehe, es riecht am Örtchen mehr als der bundesweit in der Kloministerkonferenz festgelegte Standard vorschreibt … Skandal, Skandal, warum nehmen Vorstände neuerdings - zunehmend - üble Gerüche inkauf … ;Thierse würde sinngemaß kolportieren „ … und treten wir für Transparenz auf Toiletten ein … “. Ist es das, lieber Wiefelspütz? Oder wollen wir eine neue Behörde gründen … oder wollen Sie es persönlich machen? Um wieviel Abgeordnete müsste der Bundestag erweitert werden? Geschenkt.

 

Satz 2. Typisch Gudrun Kopp, versteht eine Menge von Lebenswirklichkeit. Nachhilfestunde für Wiefelspütz? Problem: Demokrat ist Wiefelspütz schon – aber eben Sozialist. Was tun? Im LT wird den Damen und Herren politischen Geschäftsführern nicht reingeredet. Stellen Sie sich mal vor, 61 Mio AR, wollten Parlamentarier sein, weil es die 600 nicht bringen … Als der Fischer noch Windeln trug, schwebte ihm Basisdemokratie vor … jetzt geht er zur Basis in den Gottesdienst. (Thailand 8./9. Januar 2005) und berichtet darüber im Kapinett am 12. Januar … Lösung wohl unbrauchbar.

 

Auch außerhalb der Politik ist umstritten, wie stark die Nebenverdienstmöglichkeit der Politiker beschnitten werden sollte. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, sprach sich gegen ein generelles Verbot aus. Eine Offenlegung reiche aus, sagte er. Ähnlich äußerte sich der frühere Industriepräsident Hans-Olaf Henkel. Jochen Bäumel von der Organisation Transparency International schlug Bußgelder für Abgeordnete vor, die ihre Nebentätigkeiten nicht anzeigen. Unterdessen wurden weitere Nebeneinkünfte von Politikern publik.

 

Dass Däke so eindimensional denkt („runter-runter-runter mit den Steuern“) entwertet seine künftige Arbeit. Vielleicht sollte Däke nur die Polarität seiner Anschlüsse umkehren … es könnte dann klappen. Im Falle von Henkel, falls seine Meinung richtig widergegeben ist, tut sich ein echtes Rätsel auf. Und zu Bäumel, besser präventiv agieren: 100% Parlamentarier/In. Die 61 Mio Aufsichtsräte haben kein Interesse, ihre politischen Geschäftsführer in die Falle laufen zu lassen. Zu bedenken: Meist sind die „eingearbeiteten“ die Sünder. Und es weiß hoffentlich jedermann, wie teuer es ist, Personal einzuarbeiten.

 

Also, es wird die robuste Lösung benötigt: Der Abgeordnete ist zu 100% Abgeordneter: Lohn 400-600 K€/Jahr (lump sum) ohne Arbeitsmittel (Assistenten, Büro, Reisekosten). Privater Geldfluss ist immer Bestechung. Das weitere ist gut genug geregelt (Seht Ihr, Sozialisten, das ist LT ist nicht gegen jede Regelung).

 

DIE WELT, Sa, 8. Januar 2005