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s L i b e r a l e T a g e b u c h
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Sammlung Originaldokumente
aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de |
Hermann Otto Solms
Lebenslüge von Schwarz-Rot Die schwarz-rote Koalition gibt sich einer neuen
Lebenslüge hin: Sie will nicht zur Kenntnis nehmen, daß der gegenwärtige
Aufschwung ein Erfolg angebotsorientierter Politik ist. Gerade jetzt, wo die
Früchte einer vernünftigen Angebotspolitik zu reifen beginnen und Deutschland
endlich wieder einmal einigermaßen passable Wachstumsraten aufzuweisen hat,
vollzieht Schwarz-Rot eine vollständige Abwendung von wachstumsorientierter
Finanzpolitik. Die noch von Rot-Grün verantwortete und von der FDP
unterstützte Senkung der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die Zinspolitik
der EZB und die moderate Lohnpolitik der Tarifparteien haben in den letzten
Jahren die Angebotsbedingungen für Investitionen und Beschäftigung verbessert
und den entscheidenden Beitrag zum Wirtschaftswachstum geleistet. Jetzt geht
Schwarz-Rot auf Gegenkurs. Hauptverantwortlicher der Kehrtwendung ist
Finanzminister Peer Steinbrück. Seine Politik der ständigen Steuererhöhungen
wird den Konsum und die Investitionen d! ämpfen und sich negativ auf die
angesprungene Konjunktur auswirken. Das wird Deutschland den Aufschwung in
den nächsten Jahren kosten. Im Jahr 2006 ist von einem realen Anstieg des
Bruttoinlandsprodukts von gut 2 Prozent auszugehen. Für das Jahr 2007 jedoch
erwartet die Bundesregierung nur ein reales Wachstum von 1 Prozent. Die
Bundesregierung hat somit zu verantworten, daß es durch die verschiedenen
steuerpolitischen Maßnahmen zu einem regelrechten Konjunktureinbruch kommen
wird. Dieser Konjunktureinbruch läßt die wirtschaftliche Erholung erstarren
und nimmt jegliche wirtschaftliche Dynamik. Ziel einer vernünftigen Politik
muß es sein, zu einem selbsttragenden Aufschwung zu gelangen und die gerade
erst begonnene Erholung am Arbeitsmarkt nicht abzuwürgen. Der Finanzminister hat nicht begriffen, daß gerade die
öffentliche Finanzpolitik gesamtwirtschaftliche Verantwortung trägt und
maßgeblich für ein beschäftigungsförderndes Wachstum ist. Dieser
Verantwortung wird Bundesfinanzminister Steinbrück nicht gerecht, er versagt
auf ganzer Linie. Seine Behauptung, Bund, Länder und Gemeinden hätten einzig
und allein ein Einnahmeproblem, wird auch durch die ständige Wiederholung nicht
richtig. Steuererhöhungen ersetzen kein
Steuerkonzept Mit einer Erhöhung der Abgabenlast fährt
Bundesfinanzminister Steinbrück hingegen den Kurs eines ökonomischen und
finanzpolitischen Harakiris. Die umfangreichen Steuererhöhungen stehen in
krassem Widerspruch zu den Wahlaussagen beider Koalitionspartner. Beispiele
sind
Die Finanzpolitik der Großen Koalition führt allein in
2007 zu Mehrbelastungen der Bürger und Unternehmen von mehr als 27 Milliarden
Euro. Konzeptionelle Ansätze in der schwarz-roten Steuerpolitik fehlen
völlig. So ist die Ausgestaltung der vor den Wahlen angekündigten
Unternehmensteuerreform, die durch Senkung der Steuerbelastung den Ansprüchen
an eine international wettbewerbsfähige Unternehmensbesteuerung gerecht wird,
noch immer völlig unklar. Die ebenfalls vollmundig angekündigte
Steuervereinfachung bleibt völlig auf der Strecke. Neuester Beleg dafür ist
der Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 mit einem Umfang von 125
DIN-A4-Seiten. Unverändert wird weiter „herumgeregelt“ – ohne Rücksicht auf
die betroffenen Steuerzahler. Mehrwertsteuererhöhung zurücknehmen Mit der guten Konjunktur des Jahres 2006 im Rücken, die zu
steigenden Steuereinnahmen und sinkender Arbeitslosigkeit führt, besteht
ausreichender Spielraum, die Mehrwertsteuererhöhung zurückzunehmen. Dies wäre
ökonomisch sinnvoll, konjunkturpolitisch geboten und haushaltspolitisch
vertretbar. Die aktuellen Zahlen können dieses belegen: Im ersten Halbjahr haben Bund und Länder gemeinsam von 7,5
Prozent Steuermehreinnahmen profitiert, beim Bund selbst stiegen die
Steuereinnahmen sogar um 9,4 Prozent. Bezogen auf das Jahr 2005 mit
gesamtstaatlichen Steuereinnahmen in Höhe von 452,1 Milliarden Euro hat die
Mai-Steuerschätzung für das Jahr 2006 eine Steigerung von 3 Prozent bei einem
Steueraufkommen von 465,5 Milliarden Euro unterstellt. Schreibt man die
bisher erzielte Steigerungsrate von 7,5 Prozent fort, so könnten die
gesamtstaatlichen Steuereinnahmen bei 486 Milliarden Euro liegen. Damit lägen
die Steuereinnahmen des Staates um 20,5 Milliarden Euro über der Steuerschätzerprognose.
Das Aufkommen aus der beschlossenen Mehrwertsteuererhöhung wird demgegenüber
für das Jahr 2007 mit 19,4 Milliarden Euro ausgewiesen. Bereits die
Steuermehreinnahmen des Jahres 2006 übersteigen also die in Folge der
Mehrwertsteuererhöhung eingeplanten Mehreinnahmen. Die Erhöhung der
Mehrwertsteuer ist nicht nur kontraproduktiv, so! ndern
überflüssig. Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
stärker senken Auch bei der Verwendung etwaiger Überschüsse der
Bundesagentur für Arbeit (BA) in Höhe von 8,8 bis 9,6 Milliarden Euro zeigt
sich Bundesfinanzminister Steinbrück als reiner Etatist, indem er die
Überschüsse der BA zur Reduzierung der Neuverschuldung im Bundeshaushalt
verwenden möchte. Dieses Ansinnen ist ökonomisch widersinnig und ein Affront
gegenüber den Beitragszahlern. Für die FDP steht fest, daß die Überschüsse an
die Beitragszahler zurückgegeben werden und zu einer stärkeren Entlastung der
Arbeitslosenversicherung genutzt werden müssen. Statt der bisher geplanten 2
Prozentpunkte könnten die Beiträge um mindestens 2,5 Prozentpunkte gesenkt
werden. Der Faktor Arbeit könnte weiter entlastet werden und zu weiterer
wirtschaftlicher Stimulans führen. |