D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de

 

 

 

Beschluss des Präsidiums der Freien Demokratischen vom 16. Februar 2005

 

 

Wohlstand durch Wachstum

Nationale Wachstumsstrategie der FDP

 

Die rot-grüne Bundesregierung hat es auf den höchsten Stand an Arbeitslosen in der Geschichte der Bundesrepublik gebracht. Fünf Millionen Menschen ohne Arbeit sind statistisch erfaßt. Bis zu zwei Millionen weitere Menschen nehmen an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Trainingsmaßnahmen der Bundesagentur und Qualifizierungsmaßnahmen teil oder bilden die sogenannte „stille Reserve“. Sie, ihre Familien und Angehörigen, fragen die politisch Verantwortlichen in Regierung und Parlamenten, wovon sie künftig leben sollen. Die FDP nimmt die Existenzängste der Menschen ernst.

 

Von der hohen Arbeitslosigkeit sind in erster Linie die benachteiligten Gruppen der Gesellschaft betroffen wie z. B. Jugendliche, Personen ohne Berufsausbildung, Einwanderer aber auch Frauen, die in den Arbeitsmarkt eintreten wollen.

 

Die Arbeitslosenzahl ist nicht auf Faktoren zurückzuführen, die sich einer politischen Einflußnahme entziehen. Sie sind insbesondere nicht nur durch technologischen Wettbewerb bedingt. Die hohe Arbeitslosigkeit resultiert vielmehr aus der falschen und unzulänglichen Politik der Bundesregierung. Sie ist Ergebnis jahrelang gepflegter Fehleinschätzungen und Denkblockaden.

 

Es sind Illusionen, anzunehmen:

 

  • die Verkürzung der Arbeitszeit schaffe neue Arbeitsplätze, ihre Verlängerung vernichte Arbeitsplätze.
  • ein marktwirtschaftlicher Niedriglohnbereich führe zur Verarmung der Gesellschaft und reduziere die Löhne im allgemeinen.
  • Mindestlöhne und Flächentarife seien sozial.
  • Kündigungsschutzgesetze würden vor Arbeitslosigkeit schützen.
  • Globalisierung bedrohe Hochlohnländer und reduziere inländische Arbeitsplätze.
  • Technologische Entwicklungen könne man durch einseitigen Ausstieg verhindern.

 

 

Die FDP ist davon überzeugt:

 

Nur mehr Wachstum scTarifkartehafft sichere Arbeitsplätze.

 

Die andauernde Stagnation, die immer wieder hervortretenden Strukturprobleme, das Wachsen der Arbeitslosigkeit, die große Zahl von Insolvenzen und nicht zuletzt die Unklarheit über den weiteren Kurs der Wirtschafts-, Finanz- und Gesellschaftspolitik haben in weiten Bereichen der deutschen Gesellschaft und Wirtschaft zu Resignation und Zukunftspessimismus geführt.

 

Diesem offenkundigen Mangel an wirtschaftlicher und politischer Zuversicht tritt die FDP mit einer Nationalen Wachstumsstrategie, die den Weg zu mehr Arbeitsplätzen frei macht, entgegen.

 

Die Betrachtung von Wirtschaftsordnungen im internationalen Vergleich zeigt, daß Freiheit Wohlstand schafft. So betrug das jahresdurchschnittliche Wachstum des Pro-Kopf-Bruttoinlandsproduktes von 1993 bis 2002 in der Ländergruppe mit der größten wirtschaftlichen Freiheit 2,4 Prozent, während in der Ländergruppe mit der geringsten wirtschaftlichen Freiheit ein negatives Wachstum von 0,5 Prozent erreicht wurde.

 

Deutschland ist in punkto Wissenschaft und Forschung ein Auswanderungsland geworden. Die schleichende Abwanderung von Spitzenkräften aus Wissenschaft und Forschung zehrt an der Innovationsfähigkeit Deutschlands. Wenn dieser Trend nicht gestoppt wird, verliert Deutschland im internationalen Wettbewerb weiter an Boden, was zugleich auch zu einem Verlust von Arbeitsplätzen und Wohlstand führt.

 

Die immer noch vorhandene ausgedehnte Regulierung des Arbeitsmarktes, die zentralisierten und starren Tarifverträge sowie die zu hohe Belastung der Arbeit durch Steuern und Abgaben müssen beseitigt werden. Es ist zunehmend ein Keil zwischen den gezahlten und den erhaltenen Preisen, d.h. zwischen Arbeitskosten und Lohnempfang getrieben worden. Dieser Abstand ist nicht nur durch soziale Sicherheit, Wohlfahrt und Arbeitslosenversicherung entstanden, sondern auch durch die Starrheiten des deutschen Arbeitsmarktes wie z. B. ein falscher Kündigungsschutz, gewerkschaftliche Unbeweglichkeit und eine nicht enden wollende Fülle von Kosten treibenden Verordnungen und Gesetzen jedweder Art.

 

Es mangelt den politischen Entscheidungsträgern in der Bundesregierung nicht an der Erkenntnis, sondern am Willen zur Umsetzung notwendiger Maßnahmen. Die bisherigen Reformen haben den Druck zur Arbeitsaufnahme verstärkt, schaffen aber keine Voraussetzungen, das Arbeitsangebot zu verbessern. Die Liberalen setzen auf die Leistungsbereitschaft der Menschen, denen sie Arbeitsperspektiven aufzeigen und damit Wohlstandschancen eröffnen wollen.

 

Für die Freie Demokratische Partei sind für eine nationale Wachstumsstrategie folgende Eckpunkte unabdingbar:

 

 

1. Steuerreform

 

Wir brauchen eine Steuerreform, die Mut macht für neue Investitionen. Deswegen muß eine grundlegende Steuerreform unser Steuersystem drastisch vereinfachen und die Steuern deutlich senken. Dazu gehört der bekannte Drei-Stufen-Tarif mit 15, 25 und 35 Prozent Besteuerung. Wir wollen, daß Kinder fairer behandelt werden (mit einem Freibetrag von 7.700 Euro). Wir wollen eine unbürokratische Zinsabgeltungssteuer von 25 Prozent, die auch international das Kapital wieder nach Deutschland lockt. Die ausgesetzte Vermögensteuer muß endgültig abgeschafft werden, und die Eigenkapitalbildung gestärkt werden.

 

Der FDP zielt darauf ab, die Tarifbelastung der Einkommen weiter zu verringern, Subventionstatbestände weiter abzubauen und zugleich das Steuerrecht erheblich zu vereinfachen. Eine grundlegende Steuerreform muß verbunden werden mit einer deutlichen Tarifsenkung und einem zeitgleichen konsequenten Subventionsabbau.

 

Die Vorschläge der FDP liegen seit 2003 in einem Gesetzentwurf für ein neues Einkommensteuerrecht vor: Ein zentraler Punkt des Gesetzentwurfs ist die Gleichbehandlung aller Einkunftsarten. Voraussetzung dafür ist die Abschaffung der Gewerbesteuer als Sonderbelastung für Unternehmen und eine Neuregelung der Gemeindefinanzierung.

 

Die deutschen Unternehmen haben die höchste Steuerbelastung von allen Staaten der Europäischen Union. Deshalb ist eine Unternehmenssteuerentlastung vordringlich, damit die Wettbewerbsfähigkeit für Investitionen und Arbeitsplätze  in Deutschland wieder hergestellt werden kann. Die FDP hat für das Zögern der Bundesregierung kein Verständnis. Sie wird deshalb in Kürze ein eigenes Konzept zur Unternehmenssteuerreform vorlegen.

 

 

2. Gesundheitsreform

 

Die hohen Lohnnebenkosten sind in Deutschland längst zu einem Hemmschuh für Wachstum und Beschäftigung geworden. Die Lohnzusatzkosten von über 40 Prozent wirken wie eine gigantische Sondersteuer auf Arbeitsplätze im internationalen Wettbewerb. Die FDP fordert die Absenkung auf unter 40 %. Dies kann nur durch nachhaltige Strukturreformen in allen sozialen Sicherungssystemen gelingen.

 

Im Rahmen der Liberalen Gesundheitsreform wird der Arbeitgeberbeitrag der Krankenversicherung als steuerpflichtiger Lohnbestandteil ausgezahlt. Die Lohnzusatzkosten werden so von der Beitragsentwicklung im Gesundheitswesen abgekoppelt.

 

Ziel liberaler Gesundheitspolitik ist ein bezahlbarer Krankenversicherungsschutz für alle. Das jetzige System muß grundlegend reformiert werden hin zu mehr Freiheit, Effizienz und Wettbewerb. Die FDP setzt sich für ein freiheitliches, privates Versicherungsmodell ein, das auf den Prinzipien des Wettbewerbs und der sozialen Verantwortung beruht: Wahlfreiheit statt Zwangsversicherung, soziale Marktwirtschaft statt bürokratische Staatswirtschaft, Eigenverantwortung statt Bevormundung. Anstelle von Budgetierung, Rationierung und fortlaufender gesetzlicher Kürzung von Leistungen ist eine nachhaltige Reform unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung unumgänglich. Das jetzige Umlagesystem ohne Altersrückstellungen, in dem immer weniger junge Menschen für die hohen Krankheitskosten von immer mehr älteren Menschen aufkommen, soll in ein kapitalgedecktes System mit entsprechenden Altersrückstellungen umgewandelt werden. Diese Altersrückstellungen sollen zwischen den Kassen in vollem Umfang übertragbar sein.

 

Echter Wettbewerb entsteht durch eine privatrechtliche Organisation der gesetzlichen Krankenkassen und durch Tariffreiheit. Die FDP will daher die gesetzliche Pflichtversicherung durch eine Pflicht zur Versicherung eines Mindestumfangs an Leistungen, den so genannten Regelleistungen, ersetzen. Der Einzelne ist frei in der Entscheidung, ob er darüber hinaus weitere Leistungen versichert oder z. B. einen höheren Selbstbehalt wählt. Um jeden Bürger in die Lage zu versetzen, eine Versicherung abzuschließen, die zumindest die Regelleistungen umfaßt, ist vorgesehen, daß jedes Versicherungsunternehmen mit Kontrahierungszwang einen Pauschaltarif anbieten muß, der diese Regelleistungen abdeckt und der weder nach Geschlecht, noch nach sonstigen Kriterien differenziert. Bei Geburt hat jeder Bürger, auch in den anderen Tarifen, einen Anspruch darauf, zumindest im Umfang der Regelleistungen unabhängig von seinem Gesundheitszustand ohne Risikozuschläge versichert zu werden.

 

Auch die Pflegeversicherung bedarf der Reform. Bereits 2006, also ungefähr 10 Jahre nach der Einführung der Pflegeversicherung, werden die gesetzlich vorgeschriebenen Reserven unterschritten sein. Die Pflegeversicherung ist deswegen in ein Kapitaldeckungsverfahren zu überführen.

 

 

3. Tarifkartell aufbrechen/Betriebliche Bündnisse für Arbeit ermöglichen

 

Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sichern durch die Flächentarifverträge ihre Verbandsmacht ab. Betriebsnahe, maßgeschneiderte  Lösungen werden verhindert. Das kostet Arbeitsplätze in Deutschland. Wir brauchen Wettbewerb zwischen zentralen Verträgen der Funktionäre und dezentralen Lösungen vor Ort. Wenn 75 Prozent aller Beschäftigten eines Betriebes für eine Abweichung von tarifvertraglichen Regelungen stimmen, muß diese Abweichung möglich sein - und zwar ohne daß die Funktionäre eine solche betriebliche Vereinbarung verhindern können. Mit der gesetzlichen Öffnung des Flächentarifs, der Legalisierung von betrieblichen Bündnissen für Arbeit und der Abschaffung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung würden die Tarifverträge endlich dem Wettbewerb geöffnet.

 

 

4. Das Liberale Bürgergeld, aktivierend, einfach und gerecht

 

Das Bürgergeld ist der zentrale Lösungsansatz für ein einfaches, transparentes und dadurch gerechtes Sozialsystem. Es setzt die tragenden Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft wieder in Kraft: das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe, das Leistungsprinzip, das Subsidiaritätsprinzip und das Solidaritätsprinzip.

 

Ziel des Bürgergeldes ist es, möglichst alle der 138 verschiedenen steuerfinanzierten Sozialleistungen in einem Universaltransfer zusammenzufassen. Dazu gehört sowohl die Grundsicherung, die Sozialhilfe, das Wohngeld, das Arbeitslosengeld II und das BAföG als auch die mit dem liberalen Reformkonzept für die Kranken- und Pflegeversicherung verbundene steuerfinanzierte Unterstützungsleistung für Kinder und für Personen mit unzureichendem Einkommen.

 

Dieser Transfer wird als Bürgergeld mit dem Steuersystem und dem Kindergeld zu einem Steuer-Transfer-System aus einem Guß verbunden. Der komplexe Sozialstaat wird dadurch radikal vereinfacht, Bürokratie abgebaut, die Verwaltung eingleisig und sparsam gestaltet. Der überwiegende Teil aller finanziellen Beziehungen zwischen Bürger und Staat und der soziale Ausgleich zwischen Leistungsstarken und Bedürftigen finden zukünftig nach einfachen, transparenten Regeln im Steuersystem statt. Durch die Zielgenauigkeit und Transparenz ist das Bürgergeld zudem gerecht, denn es schützt die Bedürftigen vor den Findigen und die Fleißigen vor den Faulen.

 

Das Bürgergeld ist darüber hinaus der entscheidende Reformschritt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Niedriglohnbereich. Es wirkt aktivierend durch einen gleitenden und lohnenden Übergang in die Erwerbstätigkeit.

 

 

5. Kurzfristige Maßnahme zur Verbesserung von Hartz IV

 

Die Hartz-Reformen haben den Druck zur Arbeitsaufnahme erhöht. Nach dem Leistungsprinzip soll derjenige, der arbeitet, spürbar mehr bekommen, als derjenige, der nicht arbeitet. Wer fördern und fordern ernst meint, muss das Förderelement jedoch auch ausreichend betonen.

 

Die Hinzuverdienstmöglichkeiten für bei Hartz IV sind nicht ausreichend: Bei Aufnahme eines 400-Euro-Jobs verbleiben dem ALG-II-Empfänger lediglich 98 €. Die FDP fordert, die Hinzuverdienstmöglichkeiten kurzfristig so auszuweiten, dass mindestens die Hälfte der 400 Euro als verfügbares Einkommen beim ALG-II-Empfänger verbleibt.

 

Beim Bürgergeld werden die Hinzuverdienstmöglichkeiten neu gestaltet, insbesondere werden sie für die Bruttoeinkommensbereiche bis 600 € deutlich erhöht.

 

Verbleiben dem Arbeitslosengeld II-Empfänger nach Hinzurechnung der gesetzlichen Abgaben und pauschalen Abzugsbeträge von 600 € Bruttoeinkommen gerade einmal 138 €, so verbleiben dem Bürgergeldempfänger dagegen 285 €, d.h. nahezu die Hälfte seines Bruttoeinkommens. Beim Bürgergeld entsteht somit ein fairer und ausreichender Anreiz zur Arbeitsaufnahme.

 

Dies hat auch Auswirkungen auf die Schattenwirtschaft. Denn solange die Schere zwischen Brutto und Netto immer weiter auseinander geht, bleibt auch der Anreiz für die Schwarzarbeit hoch. Mit der Einführung des Bürgergeldes sowie einer wirksamen Senkung von Steuern und Abgaben wird das Problem der Schwarzarbeit an den Wurzeln gepackt.

 

Durch das Bürgergeld wird die Nachfrage und damit auch das Angebot an Arbeitsplätzen im Niedriglohnbereich gesteigert: Aus Sicht des Arbeitnehmers wird ein für ihn nicht existenzsichernder Lohn durch das Bürgergeld in Form einer Negativen Einkommensteuer ergänzt und somit attraktiv.

 

Arbeitgeber werden - die notwendige Öffnung der Tarife vorausgesetzt - vermehrt Arbeit für nicht oder gering qualifizierte Bürgergeldempfänger anbieten, deren Arbeitskraft eine derart geringe Wertschöpfung hat, daß sie den eigenen Lebensunterhalt nicht vollständig sichert.

 

 

6. Beteiligung des Tarifkartells an den Kosten der Arbeitslosigkeit

 

Mit arbeitsplatzfeindlichen Tarifabschlüssen werden regelmäßig Arbeitslosenzahlen nach oben getrieben. Die Kosten dafür werden allerdings auf die Beitrags- und Steuerzahler abgewälzt. Mit anderen Worten, die Arbeitslosigkeit wird von Betrieben, Arbeitnehmern und Steuerzahlern finanziert. Die Tarifparteien hingegen tragen keinerlei Risiken für falsche Abschlüsse. Deshalb müssen endlich Anreize her, damit die Tarifparteien ihrer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Dazu gehört, sie an den Kosten der selbst produzierten Arbeitslosigkeit zu beteiligen. Ein erster Schritt: Die hohe Arbeitslosigkeit sorgt regelmäßig für große Defizite im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit. So fehlten in den letzten Jahren durchschnittlich 4 Milliarden Euro. Diese Defizite sind bisher zu 100 Prozent allein von den Steuerzahlern getragen worden. Die Tarifparteien tragen jedoch durch beschäftigungsfeindliche Tarifabschlüsse eine Mitverantwortung für das Defizit. Deshalb sollten sie in Mithaftung genommen werden und zukünftig ein Prozent des Defizits selbst tragen. Solch eine Zuschußpflicht wäre ein spürbarer Anreiz für die Tarifparteien mit Blick auf die eigene Finanzlage wenigstens indirekt an die Arbeitslosen zu denken und der Branchenproduktivität entsprechende Abschlüsse und Öffnungsklauseln zu vereinbaren.

 

 

7. Konzernmitbestimmung modernisieren

 

Die Ausdehnung der Funktionärsbestimmung hat zu Machtzuwächsen der Gewerkschaften auf Kosten der produktiven Kräfte geführt.  Fast alle wichtigen Vorstandsentscheidungen müssen heute im Konsens mit den Gewerkschaftsvertretern im Aufsichtsrat gefällt werden. Die Konstellation birgt systematisch die Gefahr in sich, daß die langfristigen Unternehmensziele den kurzfristigen Gewerkschaftsinteressen zu stark untergeordnet werden. Langfristig sichere Arbeitsplätze werden so einer nur kurzfristigen Steigerung von Lohnniveaus geopfert. Die FDP tritt dafür ein, daß die Arbeitnehmer in den Betrieben ihre Vertreter in den Aufsichtsgremien ausschließlich selbst bestimmen. Diese sollen aus dem Betrieb kommen. Eine Entsendung von Gewerkschaftsvertretern von außen ist eine nicht sachgerechte Fremdbestimmung. Die Drittelparität, wie sie bereits in den meisten Kapitalgesellschaften mit weniger als 2.000 Beschäftigten existiert, ersetzt die paritätische Mitbestimmung.

 

 

8. Betriebliche Mitbestimmung mittelstandsfreundlich gestalten

 

Die grün-rote Aktion zur Rettung des schwindenden gewerkschaftlichen Einflusses belastet die Unternehmen in Deutschland zusätzlich mit mindestens 1,3 Milliarden Euro.

 

Vor allem aber für den Mittelstand bedeutet die Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung zusätzliche Bürokratie, zusätzlichen Organisationsaufwand und damit zusätzliche Kosten. Die kleinen und mittleren Unternehmen müssen über die Hälfte der Zusatzkosten schultern, die durch mehr Freistellungen, die Vergrößerungen der Betriebsräte und das vereinfachte Wahlverfahren entstehen. Kurze, flexible Entscheidungswege sind die Vorteile von mittelständischen Unternehmen.  Deshalb sollte die Gründung eines Betriebsrats erst in Unternehmen ab 20 Beschäftigten (heute 5 Beschäftigte) ermöglicht werden. Es wird ein Wahlquorum von mehr als 50 % der wahlberechtigten Arbeitnehmer eingeführt. Die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern beginnt in Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten (heute 200 Beschäftigte) mit einem freigestellten Betriebsratsmitglied.

 

 

9. Arbeitslosenbeitrag senken

 

In der Arbeitslosenversicherung sollte das Versicherungsprinzip gestärkt werden. Die versicherungsfremden Leistungen wie ABM, Weiterbildungs- oder Frühverrentungsprogramme sollten nicht länger über Beiträge finanziert werden. Mit einer konsequenten Ausgliederung der versicherungsfremden Leistungen könnte der Beitragssatz um zwei Prozentpunkte reduziert werden und so die hohen Lohnnebenkosten spürbar sinken. Außerdem bekäme die Politik endlich wieder mehr Kontrolle über die ausufernden Programme der Bundesagentur für Arbeit, weil das Kartell der sogenannten Sozialpartner aufgebrochen wird. Bei einer Steuerfinanzierung stehen die Programme in Konkurrenz zu allen anderen Posten des Bundeshaushalts. Der Rechtfertigungsdruck sorgt für mehr Transparenz und Effizienz.

 

 

10. Bürokratie abbauen

 

Die FDP hat es sich zum Ziel gesetzt, ein völlig neues Verständnis und eine neue Organisation staatlicher Verwaltung zu schaffen. Der Bürokratiewust muß verschwinden. Zudem muß das wohlfahrtsstaatliche Denken in Frage gestellt werden. Denn unnötige Bürokratie verursacht nur unnötige Kosten - sowohl bei der Wirtschaft als auch direkt bei den Bürgern. An die Stelle des intervenierenden Staates muß der moderierende Staat treten. So können die Bürokratiekosten im Interesse von Bürgern und Wirtschaft gesenkt werden. Aus den Genehmigungsverfahren müssen Anmeldeverfahren werden. Erteilt eine Behörde einem Antrag innerhalb einer gewissen Frist keinen Bescheid, gilt der Antrag als genehmigt. Wirtschaftslenkende Gesetze brauchen ein Verfallsdatum.

 

Die faktische Abschaffung des Bankgeheimnisses, die durch das Gesetz zur Steuerehrlichkeit zum 1. April 2005 in Kraft tritt, gefährdet den Finanzplatz Deutschland. Den Finanzämtern stehen in ungekanntem Umfang Informationen über Kapitalerträge und Wertpapiergeschäfte zur Verfügung. Wer es sich leisten kann, wird noch mehr Geld als bisher ins Ausland schaffen, um sich der Offenlegung zu entziehen. Der kleine Sparer dagegen wird noch stärker vom deutschen Überwachungsstaat drangsaliert. Kapitalflucht und schwindendes Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat sind somit die Folge des rot-grünen Gesetzes. Für die FDP sind niedrige Steuersätze und ein transparentes Steuersystem der beste Beitrag zur Förderung der Steuerehrlichkeit. Eine an der Quelle anonym erhobene Abgeltungssteuer von 25 % ist ferner eine praktikable und international tragfähige Lösung, um Kapitalflucht zu verhindern.

 

Das geplante „Antidiskriminierungsgesetz“ darf nicht zu einem neuen Bürokratiemonster geraten. Deshalb setzt sich die FDP für die 1:1-Umsetzung der EU-Richtlinien zur Antidiskriminierung ein. Sie lehnt die von der Regierungskoalition beabsichtigte Einrichtung einer neuen Antidiskriminierungsbehörde ab und spricht sich dagegen aus, daß Benachteiligte ihre Forderungen auf Schadensersatz oder Entschädigung an Antidiskriminierungsverbände abtreten können. Es geht um den individuellen Schutz vor Benachteiligung und nicht um professionelle Geltendmachung von Ansprüchen im großen Stil mit der Gefahr einer wirtschaftshemmenden Prozeßflut. Rot-grüne Antidiskriminierungspolitik höhlt die Vertragsfreiheit aus. Um sich nicht dem Vorwurf der Diskriminierung auszusetzen, werden sich Arbeitgeber in Zukunft bei Einstellungen entweder noch mehr als bisher zurückhalten oder stärker an formalen, klar überprüfbaren Kriterien, wie Zeugnisnoten, orientieren. Die geplanten neuen Rechte für Gewerkschaften, die als quasi arbeitsrechtlicher Antidiskriminierungsverband im Betrieb fungieren und auch ohne den Willen oder die Zustimmung eines Benachteiligten tätig werden und seine Rechte vor Gericht geltend machen können, tun ihr übriges. Die Entstehung neuer Arbeitsplätze wird so nicht gefördert.

 

 

11. Bildungsreform einleiten

 

Gut ausgebildete junge Menschen sind die Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum. Die FDP will die Qualität des deutschen Bildungswesens verbessern, indem die einzelnen Bildungseinrichtungen in einen Wettbewerb um die beste Ausbildung treten. Das funktioniert aber nur, wenn sie mehr Freiheiten erhalten. Sie brauchen das Recht der Selbstverwaltung, größere Personalautonomie, sowie pädagogische und finanzielle Eigenverantwortung. Einheitliche Qualitätsstandards und Kontrolle durch unabhängige Agenturen garantieren das hohe Niveau der Ausbildung. Das muß für Schulen wie für Hochschulen gelten. Bildung und Wissenschaft müssen in Deutschland wieder in den Vordergrund rücken. Unsere Bildungseinrichtungen müssen Neugierde und Kreativität fördern, zu Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative ermuntern, den Teamgeist stärken und ein positives Verständnis für die Grundbedingungen der Marktwirtschaft und die Chancen moderner Technologien vermitteln.

 

Die FDP fordert die Bundesregierung auf, ihren Widerstand gegen die Einführung von Studienentgelten aufzugeben und sachgerechte Finanzierungskonzept für nachgelagerte Studienentgelte vorzulegen. Wenn Studenten für Bildung zahlen, können sie auch eine gute Leistung verlangen. Wird zugleich die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze (ZVS) abgeschafft und können sich die Studierenden ihre Hochschule selbst aussuchen, bekommen sie eine wirkliche Nachfragemacht. Haben auch die Hochschulen das Recht, ihre Studierenden selbst auszuwählen und wird es auch finanziell honoriert, wenn eine Hochschule viele Studenten hat, kommt im Hochschulbereich endlich ein Wettbewerb in Gang und die Qualität der Lehre steigt. Bei diesen Rahmenbedingungen werden alle - Studenten, Hochschulen und Unternehmen, die auf gute und hervorragende Absolventen angewiesen sind - von Studienentgelten profitieren.

 

 

12. Forschungsfreundlichkeit schaffen

 

Die FDP bekennt sich zum Forschungsstandort Deutschland. Die bisherige abschreckende Gesetzgebung etwa im Bereich der Gentechnik muß schnellstmöglich abgeschafft werden. Nur so kann es gelingen, daß der Zukunftsbereich Bio- und Gentechnologie in Deutschland gehalten und ausgebaut werden kann. Die Förderung moderner Technologien schafft Arbeitsplätze und trägt dazu bei, daß Forschungsfreundlichkeit wieder das Markenzeichen des Standorts Deutschlands wird. Wer hingegen die Gentechnologie verteufelt, betreibt eine unmoralische und wachstumsfeindliche Politik. Deutschland muß die Chancen sowohl in der humanen Gentechnik als auch in der grünen Gentechnik nutzen. Moderner Umweltschutz ist auch nur mit moderner Technik wirksam.

 

Die FDP fordert auch in Deutschland endlich die Voraussetzungen für die Nutzung der flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls zu schaffen. Das erschließt erhebliche Minderungspotentiale bei Treibhausgasemissionen, führt zur Senkung der Kosten in Deutschland und eröffnet große Chancen für den Export deutscher Umwelttechnik.

 

 

13. Umkehr in der Energiepolitik

 

Die Bundesregierung verfügt über keine tragfähige energiepolitische Strategie. Ihre Zielsetzungen sind nicht auf Fakten gegründet, sondern auf Ideologie.

 

Anstatt weiterer Belastungen für Unternehmen und Verbraucher, die auch bei den Strompreisen bereits einen Staatsanteil von über 40 Prozent verkraften müssen, braucht Deutschland eine Umkehr in der Energiepolitik. Nur ein breiter Energiemix aus fossilen Energieträgern, Kernenergie und erneuerbaren Energien wird in Zukunft die globale und nationale Energieversorgung sichern können. Dazu müssen ein bedarfsgerechtes und wettbewerbsförderndes Energiewirtschaftsgesetz verabschiedet werden. Bestehende Monopole etwa auf dem Gasmarkt müssen aufgebrochen und Subventionsmilliarden etwa der deutschen Steinkohle abgebaut werden. Die ideologisch begründete Subventionierung einzelner Energieerzeugungstechniken, wie etwa der Windkraft, zu Lasten von Steuerzahlern und Verbrauchern muß beendet werden. Um die Akzeptanz erneuerbarer Energien nicht zu gefährden, darf ihr Einsatz nicht gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort erfolgen.

 

Generell gilt, dass bei der Ausrichtung der Förderschwerpunkte in der Energiepolitik sowie der Bemessung der bereitzustellenden Fördermittel die Energiegewinnungstechnologien Vorrang haben, die - ob erneuerbar oder nicht - die höchste Effizienzsteigerungen bei Energiegewinnung und Klimaschutz versprechen.

 

Darüber hinaus müssen die Kompetenzen für die Energiepolitik endlich wieder im Wirtschaftsministerium gebündelt werden.

 

 

14. Schulden abbauen - Maastricht-Kriterien einhalten

 

Die Politik zu Lasten zukünftiger Generationen muß ein Ende haben. Die FDP hat mit ihrem Liberalen Sparbuch für den Bundeshaushalt 2005 dokumentiert, daß die Rekordneuverschuldung durch nachhaltiges Konsolidieren und Reformieren gestoppt und der Bundeshaushalt sowohl den Vorgaben des Grundgesetzes als auch des Maastricht-Vertrages entsprochen werden kann. Statt die Maastrichtkriterien aufzuweichen will die FDP diese im Grundgesetz festschreiben. Die FDP setzt sich für eine unmittelbare lineare Subventionskürzung von 20 Prozent und in ihrem Subventionsbegrenzungsgesetz für die degressive Ausgestaltung aller finanzrelevanten Beschlüsse ein. Staatsbeteiligungen müssen konsequent privatisiert werden. Der Haushaltssanierung räumt die FDP absolute Priorität ein, denn die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.